Mein 1. Mai

Um ein Haar wäre ich zur 1.Mai-Demo in Krefeld gegangen. Die Mainelke lag schon parat. Aber was hätte das gebracht?
Richtig.
Nicht einmal zu DDR-Zeiten war ich am 1. Mai auf der Straße demonstrieren. Das hatte keine politischen Gründe, es war einfach nur Bequemlichkeit.
Mit meinen zwei Wohnsitzen in Lubmin und Greifswald hatte ich auch einleuchtende Begründungen für mein Fehlen, bei eventuell nachfragenden Chefs. So war ich für Greifswalder in Lubmin „demonstrieren“ und umgekehrt.

Das war wie mit den Weihnachtsfeiern im Elternhaus. Ich mochte Weihnachten nicht, besonders den Heiligen Abend, jedenfalls als ich erwachsen war. Für die Eltern war ich bei meiner Freundin in Greifswald, für meine Freundin war ich bei meinen Eltern, und gefeiert habe ich dann im „Don Promillo“.
Der Kneiper hatte jedes Jahr Heilig Abend die Gaststätte extra für Alleinstehende und Lustlose wie mich hergerichtet: Mit buntem Teller für jeden, Billard, Musik und Alk. Keine Zeit für tiefgründige Gedanken und Depressionen.

Manchmal spielte die Band Konform auch zum 1. Mai auf dem Marktplatz in Greifswald. Da brauchte ich dann keine Ausreden…

Der Nachteil war die Getränkeversorgung für einige Bandmitglieder. Die Kneipen machten nämlich erst nach der Demo auf, vorher durfte kein Alkohol ausgeschenkt oder verkauft werden. Das stellte natürlich kein Problem für Weber dar:
Durch unsere Auftritte am Theater hatte ich natürlich auch jederzeit Zugang zur Theater-Kantine – dort gabs auch Flaschenbier. 10 Flaschen gekauft und zurück zum Markt.
Leider war da jetzt der 1. Mai-Zug in vollem Gange, weil ich nämlich noch die Straßenseite wechseln musste. Als ich mich durch die Menschenmassen – kurz vor der Tribüne – rübermogeln wollte, wurde ich von Sicherheitsleuten rausgegriffen. „Wo ich das Bier herhabe, wer ich bin“ und sowas. Einige wussten aber natürlich, daß ich zur Band gehöre. Da ist man selbst als Mini-Promi mal im Vorteil.

Die erste 1. Mai-Umzug an den ich mich erinnere, war in der 2. oder 3. Klasse, als wir mit selbstgebastelten Maidekorationen mitmarschiert sind.
Den Begriff „Winkelemente“ habe ich übrigens erst nach 1989 gehört. Sicher auch so eine westdeutsche Abfälligkeit und Erfindung wie „Jahresendfigur“.
Es war jedes Mittel recht den Leuten in den gebrauchten Bundesländern zu zeigen, wie „diktaturgeschädigt“ und „verzwergt“ wir im Osten waren. Und wie man hört, teilweise immer noch sind.

Das Finale der Snooker-WM läuft. Neben „Shaun das Schaf“ das Einzige, wofür ich mal den Fernseher anmache.

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